IX. Kalkulation – Wie rechnet sich Mieterstrom?

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a) Marge – Wie sieht es für Betreiber/Stromlieferanten finanziell aus?

Der Anlagenbetreiber erwirtschaftet einen Gewinn, da er den Mieterstrom teurer verkaufen kann, als ihn die Bereitstellung selbst kostet. Betreiber und Stromlieferant leben also von der Differenz vom Preis für den Mieterstrom und dem Preis für Mixstrom aus Netz+Solar.

Die folgende Abbildung zeigt das nochmal bildlich. Zur Erklärung:

Zuschlag = Mieterstromzuschlag auf den direkt verbrauchten Solarstrom; Höhe abhängig von der Leistung und vom Zeitpunkt Inbetriebnahme.

Mixstrom = Rechnerischer Preis für den Mix aus Solar- und Netzstrom, abhängig vom Anteil des direkt verbrauchten Solarstroms.

Mieterstrom = Preis, den die teilnehmenden Mieter zahlen.

Überschusseinspeisung ist nicht gezeigt, da sehr gering.

Abbildung 10: Mieterstrom Kalkulation

b) Kalkulation – einige Beispiele:

Im Folgenden gehen wir mit dir die wichtigsten Parameter für die individuelle Berechnung einer Mieterstromanlage in vier Schritten durch: (1.) Investitionen und Erzeugerpreis Solarstrom, (2.) Preise, (3.) Verbrauch und (4.) Überschuss.

Ein Provider wird mit euch eine ähnliche Kalkulation erstellen, damit er dir ein konkretes Angebot machen kann. Unsere Beispiele helfen dir, einen kleinen Einblick in die wichtigsten Parameter zu bekommen und solche Angebote besser einschätzen zu können.

Achtung: Unsere Beispielkalkulationen ersetzen keine individuelle Ertragsrechnung! Sie sind fiktive und vereinfachte Kalkulationen, die nur 1 Jahr betrachten und einige der Nebenkosten und Grundgebühren außer Acht lassen!

Die Leistung der PV-Anlage im Verhältnis zum Stromverbrauch ist ein wesentlicher Parameter für das Ergebnis und wird daher in den Beispielen variiert. Für eine bessere Vergleichbarkeit lassen wir die anderen Parameter gleich.

Daher zeigen wir die Kalkulation in vier Varianten, die sich je nach Leistung der PV-Anlage unterscheiden also im Verhältnis der erzeugten Solarstrom-Menge zum Strom-jahresverbrauch insgesamt.

Variante 1: Klein = 20% des Jahresverbrauchs

Variante 2: Mittel = 40%

Variante 3: Groß = 60%

Variante 4: Groß „G-2030“ = 60%, bei hohem Strom-Grundpreis und hoher Direktverbrauchsquote

Die Varianten 1-3 sind eine Betrachtung nur für 2021, die Variante-4 ist eine Prognose für das Jahr 2030 unter der Annahme eines höheren Grundpreises und einer höheren Direktverbrauchsquote und E-Auto-Ladestationen.

Kalkulation (1) – Investition und Erzeugerpreis Solarstrom

Abbildung 11: Mieterstrom Kalkulation Investitionen

Der Erzeugerpreis für den Solarstrom berechnet sich aus:

Investitionskosten geteilt durch dieStrommenge, die im Lauf von 20 Jahren erzeugt wird.

Üblicherweise rechnet man mit einer Lebensdauer von 20 Jahren, weil es so meist für die Solarpanele in Herstellergarantien angegeben wird. Die tatsächliche Lebensdauer kann aber länger sein. Nach den 20 Jahren ist der Solarstrom dann quasi gratis, da die Anlage abgeschrieben und die Investition getilgt ist. 

Wichtig sind niedrige Investitionskosten pro kWp, um den Erzeugerpreis des Solarstroms niedrig zu halten. Hier sind die Skaleneffekte bei großen Anlagen hilfreich: d.h. bei großen Flächen wird die Investition pro kWp günstiger, da sich die allgemeinen Aufwände verteilen.

Die erzeugte Strommenge pro kWp Leistung hängt vom Standort, Ausrichtung und Verschattungen ab und kann mit üblichen Solarrechnern im Internet ermittelt werden.

In unserem Beispiel ist ein Wert von 1000 kWh pro 1 kWp angenommen, den man bekommt, wenn man von einer optimalen Südausrichtung und von optimalen Sonnenverhältnissen in Süddeutschland ausgeht.

Ergebnis: Der Erzeugerpreis für Solarstrom ist jetzt und dauerhaft extrem günstig!

Kalkulation (2) – Preise

Abbildung 12: Mieterstrom Kalkulation Preise

EEG-Umlage, Einspeisevergütung und Mieterstromzuschlag sind durch EEG-Gesetz vorgegeben. Sie hängen von der Leistung und dem Zeitpunkt der Inbetriebnahme ab.

Die Einspeisevergütung und der Mieterstromzuschlag sind degressiv d.h. Die offiziellen Preise für Vergütung und Zuschlag sinken monatlich um einen bestimmten Prozentsatz. Für den Betreiber relevant sind die Preise zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme: Diese Preise werden dann für die folgenden 20 Jahre (=kalkulierte Lebenszeit der Anlage) fix und stabil vergütet. Nach 20 Jahren werden die Preise neu festgesetzt mit den dann gültigen Werten.Berechnung Einspeisevergütung: https://www.interconnector.de/eeg-rechner/ und https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/FAQ/Mieterstrom/faq-mieterstrom.html 

Um den Mieterstromzuschlag in Anspruch nehmen zu können, muss der Strompreis für die Mieter um mindestens 10% unter dem Arbeitspreis der Grundversorgung liegen.

Für die Gebühr des Messdienstleisters, die Pacht der Dachfläche und die Betriebskosten gibt es viele individuelle Preismodelle. Unsere Zahlen sind an dieser Stelle rein exemplarisch, um die Größenordnungen zu verdeutlichen.

Kalkulation (3) – Verbrauch

Abbildung 13: Mieterstrom Kalkulation Verbrauch

Jeder Mieter hat rechtlich die freie Wahl des Stromanbieters. Eine Verbindung von Mieterstrom-Vertrag und Mietvertrag ist rechtlich nicht zulässig. Daher sollte man kalkulatorisch davon ausgehen, dass nicht alle Wohneinheiten teilnehmen.

In der folgenden Tabelle findest du die wichtigsten Parameter, die bei Mieterstrom-Projekten zum Tragen kommen:

ParameterBeschreibung  
Bilanzieller Autarkiegrad– wird berechnet -> Strommenge Solar/Jahresverbrauch
– hängt von der Leistung der Solaranlage und der Anzahl der teilnehmenden Mieter ab.
– eine Orientierung sind 1,25 kWp pro Wohneinheit  
Solar-Quote-Max– der maximale Anteil des Stromverbrauchs, der über Solarstrom abgedeckt werden kann.
– Da die Sonne nur tagsüber und wenig im Winter scheint, ein großer Teil des Stromverbrauchs jedoch nachts und im Winter anfällt, sind hier 35% ein üblicher Wert für Anlagen ohne Batteriespeicher.
– dieser Parameter hängt von Bewohnerprofil und Verhalten ab: durch Gewerbe (z.B. Restaurant mit Küche) und Ladestationen kann der Wert deutlich gesteigert werden bis nahe 100%.  
Solar-Menge-Max– die maximale Menge an Solarstrom (kWh) die direkt abgenommen wird.sollte durch die Leistung der Solaranlage mindestens erbracht werden, sonst muss zu viel Netzstrom zugekauft werden.
– im Beispiel „Klein“ sieht man, dass die PV-Anlage diese Menge nicht erzeugen kann und daher einen Verlust erzeugen wird.  
Jahresverbrauch– durchschnittlicher Jahresverbrauch
– kann über die vergangenen Abrechnungen bei Bestandsgebäuden ermittelt werden oder bei Neubau über typische Mittelwerte pro Haushaltsgröße  
DVQ– Direktverbrauchsquote
– ist eine typische Kennzahl, die als Grundlage für Kalkulationen und Angebot von Dienstleistern verwendet wird.
– hängt von der Leistung der Anlage ab: Bei kleinen Solaranlagen wird der Solarstrom sofort komplett aufgesaugt (DVQ=100%), bei großen Anlagen kann die hohe Leistung zur Mittagszeit gar nicht aufgenommen werden (DVQ=58% oder niedriger)

(Anm: Die Solar-Quote-Max und Solar-Menge-Max sind spezifisch für dieses Excel-Beispiel. Bei den meisten Dienstleistern wird mit der DVQ kalkuliert, die sich indirekt daraus ergibt)

Kalkulation (4) – Überschuss

Die folgende Abbildung stellt alle Kosten und Einnahmen gegenüber und berechnet den daraus resultierenden Überschuss.

Abbildung 14: Mieterstrom Kalkulation Überschuss

Die Kosten Solar entsprechen der Abschreibung oder der Tilgung für die Investition.

Man sieht, dass der Mieterstromzuschlag ein eher symbolischer Betrag ist, der kaum die EEG-Umlage abdeckt.

Der Überschuss ergibt sich im Wesentlichen aus den geringen Gestehungskosten für den Solarstrom und den höheren Einnahmen von den Mietern. Hohe Kosten für den Zukauf von Netzstrom bei geringem Solaranteil reduzieren den Überschuss.

Die Rendite hängt daher sehr stark von den Parametern ab, insbesondere der Leistung der Solaranlage im Verhältnis zum Jahresverbrauch und der Direktverbrauchsquote des Solarstroms durch die Verbraucher.

In den Beispielen ist absichtlich eine zu kleine Auslegung („Klein“) aufgenommen, die durch die geringe Menge an Solarstrom dem Betreiber einen Verlust beschert.

Eine große („Gross“) Auslegung mit viel Leistung bringt kurzfristig bei der angenommenen Direktverbrauchsquote von 58% weniger Rendite. Unter langfristiger Perspektive sollte das Dach jedoch „vollgemacht“ werden, da diese Quote z.B. durch Ladestationen massiv ansteigen und ein E-Auto viel Solarstrom aufnehmen kann.

Gründe für „Das Dach vollmachen“

  • Eine größere Anlage hat einen geringeren Erzeugerpreis für Solarstrom und einen geringeren Anteil an Fixkosten im Verhältnis zu den variablen Kosten pro kWp.
  • Künftig erwarten wir eine deutlich höhere Solarquote durch Speicher und Ladestationen E-Autos. Damit kann auch eine höhere Leistung direkt verbraucht werden und der Überschuss steigt.
  • Eine größere Anlage produziert um die Mittagszeit zwar Überschüsse, kann jedoch einen Großteil des gesamten Verbrauchs bis in Nachmittags- und Abendstunden hinein decken.
  • Die Einspeisevergütung deckt zwar nicht die Stromerzeugungskosten, trägt aber dennoch zur Kostensenkung bei.
  • In den meisten Fällen stellt sich die Frage nicht, da Dachfläche im Verhältnis zur Anzahl der Mieter eher zu klein ist um den Orientierungswert von mindestens 1,25kWp/WE zu erreichen.